Europa ohne Demokratie und Rechtsstaat – Nicht mit uns!
Die EU bezeichnet sich selbst als eine Wertegemeinschaft. Die Mitgliedstaaten haben sich in Art. 2 EUV zu folgenden Werten bekannt: Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören, Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern.
Im Besonderen stechen jedoch Demokratie und Rechtsstaatlichkeit hervor, da sie die Basis für die Umsetzung aller anderen Werte und nachgeordneten Institute sind.
1. Sanktionsmöglichkeiten für den Europäischen Gerichtshof
... dafür einzutreten, dass Standards für Demokratie und Rechtsstaat in allen EU-Mitgliedstaaten gewährleistet sind. Die Entscheidung über Sanktionen (bis hin zum Stimmrechtsentzug) soll nicht allein in der Runde der Staats- und Regierungschefs getroffen werden. Auch der Europäische Gerichtshof soll bei Verletzungen der Grundwerte der EU Sanktionen gegen Mitgliedstaaten verhängen können.
Wie ist die Lage bisher?
Art. 7 EUV sieht einen umständlichen und nicht-effektiven Mechanismus zur Einhaltung der europäischen Werte vor. Er erlaubt es Regierungen leider unbehelligt Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in ihren Mitgliedstaaten abzubauen. Beides sind jedoch die Grundfesten der EU und unerlässlich für das Zusammenleben in der EU sind. Sie machen ganz besonders die Attraktivität der EU aus.
Nach der jetzigen Rechtslage muss der Rat EINSTIMMIG die Verletzung eines oder mehrerer Werte durch einen Mitgliedstaat feststellen, um entsprechende Sanktionen verhängen zu können. Einstimmigkeit ist dabei so gut wie unmöglich zu erreichen, da solche Abstimmungen von themenfremden Erwägungen nur allzu oft überlegt werden. Es ermöglicht aber, dass sich nationale Regierungen gegenseitig stützen, um ihre eigenen Ziele zu verfolgen. Aktuell z.B. decken sich die Regierungen Polens und Ungarns.
Versuche der EU-Kommission diese große Hürde zu umgehen (Stichwort: Rechtsstaatsmechanismus) funktionieren nur bedingt, da sie rechtlich kaum legitimiert sind und letztlich keine wirksame Abschreckung steht, da die EU-Kommission allein nur Appelle an die nationalen Regierungen aussenden kann.
Was soll sich ändern?
Sanktionen können nur das allerletzte Mittel sein, um nach einem gescheiterten Dialog die Werteordnung der EU aufrecht zu erhalten.
Zentral ist dabei eine Versachlichung der Frage, ob die europäischen Grundwerte verletzt werden. Der EuGH als neutrales Organ sollte als Akteur hinzutreten und Verstöße gegen die europäischen Verträge ahnden können – genauso wie nahezu jedes Verfassungsgericht eines Nationalstaates Verstöße gegen Grundprinzipien der nationalen Verfassung ahnden kann. Man würde auf diese Weise, der HinterzimmerPolitik im Rat mit allzu oft falscher Rücksichtnahme die Substanz entziehen.
2. Europäische Zivilgesellschaften stärken
... dafür einzutreten, dass durch geeignete Programme die Handlungsfähigkeit der Zivilgesellschaft in den EUMitgliedstaaten gestärkt wird. Zivilgesellschaftliches Engagement ist ein Eckpfeiler für die Demokratie und den Rechtsstaat in jedem Land.
Wie ist die Lage bisher?
Es wird bereits heute anerkannt, dass die Zivilgesellschaft in jedem EU-Staat zur Erhaltung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit eine wichtige Rolle spielt. Allerdings verlässt man sich noch zu sehr darauf, dass Gerichte und Regierungsvertreter nicht an den Errungenschaften der gemeinsamen Demokratie- und Rechtsstaatsstandards rütteln. Letzteres hat sich als ein Irrglaube herausgestellt. In mehreren Mitgliedstaaten legen Regierungen die Axt an diese Grundsätze, da sie schlicht nicht mehr an die gemeinsame Werte gebunden sein wollen. Die pro-europäische Zivilgesellschaft kann dann meist nur - geschwächt - zusehen, wie ihr Land sich Stück für Stück von der europäischen Idee entfernt.
Was soll sich ändern?
Das zivilgesellschaftliche Engagement soll wieder als Korrektiv von Regierungshandeln stärker wahrgenommen werden. Ansprechpartner für den Bundestag und EU-Vertreter dürfen keinesfalls nur die Regierungsvertreter eines Landes sein, sondern gerade auch dessen engagierte Bürgerinnen und Bürger. Sie müssen jeweils ihr Land “von innen heraus” für die Aufrechterhaltung und Fortentwicklung der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sorgen. Daher muss neben der EU auch der Bundestag Programme auflegen, die finanziell, strukturell und ideell pro-europäische Kräfte in alle Mitgliedstaaten stärken. Dabei kommt es gerade auch auf den Bundestag als Parlament des größten EU-Landes an, denn diese Verantwortung für Demokratie und Rechtsstaat liegt auf allen politischen Ebenen.
3. Europäische Grundwerte in den europäischen Parteien durchsetzen
... alle im Bundestag vertretenen Parteien dazu aufzufordern, innerhalb ihrer europäischen Parteifamilien für die Durchsetzung der gemeinsamen europäischen Grundwerte zu sorgen. Es kann nicht sein, dass eine enge Kooperation mit Parteien gepflegt wird, die europäische Grundrechte missachten.
Wie ist die Lage bisher?
Es ist zu begrüßen, dass sich die nationalen Parteien in europäischen Parteifamilien engagieren (z.B. CDU in der EVP oder die SPD bei der S&D) und zusammen für ihre Ziele im Europäischen Parlament und auch darüberhinaus eintreten. Diese Kooperation wird zurzeit aber auch missbraucht, um mit der Deckung anderer Parteien im eigenen Land Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu demontieren. Mit Rücksicht auf die Parteiverbundenheit wird nur zu oft keine Kritik aus anderen Ländern geübt. Zurzeit kooperieren v.a. die deutschen Volksparteien CDU und SPD mit bedenklichen Partnern ohne jedoch intern auf Änderungen der Politik ihrer Partner zu drängen (z.B. CDU mit Fidesz aus Ungarn oder SPD mit der PSD aus Rumänien).
Was soll sich ändern?
Die deutschen Parteien sollen genau prüfen, mit wem sie als Gegenüber in den europäischen Parteifamilien zusammenarbeiten. Dabei geht es nicht um eine sofortige Beendigung der Kooperation, wohl aber um ein gezieltes Einwirken auf die jeweilige Schwesterpartei, wenn diese in ihrem Heimatland eine hinsichtlich Demokratie und Rechtsstaatlichkeit problematische Politik betreiben. Keinesfalls darf diese Zusammenarbeit aber zu einer Art “Persilschein” für Parteien werden. Europäische Werte dürfen bei der Parteikooperation nicht dem Machtkalkül im Streben nach Mehrheiten im Europäischen Parlament und dem Rat geopfert werden.
Europäische Institutionen demokratischer und effektiver gestalten!
Mit den Europäischen Institutionen sind vorrangig die drei wichtigsten Organe der EU gemeint: das Europäische Parlament, die EU-Kommission und der Rat der Europäischen Union. Sie alle sind am Gesetzgebungsprozess auf EU-Ebene beteiligt und daher im Fokus von Reformbestrebungen. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass sie z.T. sehr effizient agieren, jedoch muss das Verhältnis untereinander sowie ihre Arbeitsweise an neue Entwicklungen angepasst werden. Das bedeutet, dass der stetige Kompetenzzuwachs für die EU auch mit einer demokratischeren Ausgestaltung der Institutionen einhergehen muss, woran es leider nach wie vor mangelt.
1. Initiativ- und volles Mitentscheidungsrecht für das Europäische Parlament
... sich dafür einzusetzen, dass das Europäische Parlament mit einem Initiativrecht ausgestattet wird und bei allen Gesetzgebungsverfahren mit dem Rat gleichberechtigt mitentscheiden kann.
Wie ist die Lage bisher?
Das Europäische Parlament als Vertretung der Unionsbüger*innen hat über die Jahre an Kompetenzen dazu gewonnen, insbesondere bei der Mitbestimmung in Budgetfragen und beim Abschluss internationaler Abkommen. Trotzdem ist es nach wie vor faktisch dem Rat - bestehend aus Vertretern der nationalen Regierungen - untergeordnet. So müssen die Regierungen der Mitgliedstaaten in der wichtigen Wettbewerbspolitik die Abgeordneten lediglich konsultieren. Bei der Währungspolitik ist das Parlament fast vollständig außen vor. Im Gegensatz zu vielen nationalen Parlamenten besitzt es auch kein sog. Initiativrecht, d.h. die Abgeordneten können von sich aus keine eignen Gesetzesvorschläge einbringen. Das ist allein der EU-Kommission vorbehalten. Somit bleiben sie in vielen wichtigen Fragen beschränkt auf die Wahl zwischen Zustimmung oder Ablehnung beschränkt.
Was soll sich ändern?
Künftig soll das Europäische Parlament aus der Mitte seiner Mitglieder selbst Gesetzesvorschläge einbringen können. Es würde sich damit maßgeblich vom Rat und der EU-Kommission emanzipieren. Dies würde die Stimme der EU-Bürger*innen massiv auf der europäischen Ebene stärken. Die Regierungen der Mitgliedstaaten müssen sich dann ernsthaft mit den Vorstellungen der Abgeordneten auseinandersetzen und könnten diese nicht länger umgehen.
2. Mehr Demokratie bei der Wahl der EU-Kommission
... sich dafür einzusetzen, dass die Kommissarinnen und Kommissare künftig allein durch das Europäische Parlament gewählt werden – ohne Einmischung der nationalen Regierungen. Außerdem soll das Parlament die Kommission durch ein konstruktives Misstrauensvotum mit absoluter Mehrheit der Abgeordneten entlassen können.
Wie ist die Lage bisher?
Die EU-Kommission ist als “Hüterin der Verträge” neben dem Parlament und dem Rat das wichtigste Organ der EU. Daher ist ihre Besetzung von größter Bedeutung. Bisher wird der Kommissionspräsident von den Mitgliedstaaten vorgeschlagen (siehe zur Forderung “Spitzenkandidaten”) und muss vom EU-Parlament bestätigt werden. Jeder Mitgliedstaat kann schließlich einen Kandidaten für die Besetzung eines Kommissars vorschlagen, sodass bisher jede Mitgliedstaaten einen Kommissar entsenden darf. Die Kandidaten werden vom Parlament angehört. Dieses Verfahren sowie das “Anrecht” eines jeden Landes zur Entsendung eines Kommissars hat sich in der Vergangenheit als höchst anfällig für “Hinterzimmerabsprachen” - ohne Rücksicht auf fachliche und charakterliche Eignung der Kandidaten - erwiesen. Eine Abwahl der Kommission durch das EU-Parlament ist nur mit einer 2/3-Mehrheit der Abgeordneten möglich.
Was soll sich ändern?
Künftig soll die EU-Kommission vorrangig nach fachlicher und persönlicher Eignung besetzt werden und nicht nach Proporz hinsichtlich der Entsendung aus den Mitgliedstaaten. Das EU-Parlament bekommt damit die Chance stärker auf die Politik der mächtigen EU-Kommission einzuwirken, was wiederum der Legitimierung durch die Unionsbürger*innen zugut kommt. Das konstruktive Misstrauensvotum dient der Stabilität, sodass einzelne Kommissare*innen bzw. die Kommission insgesamt nur dann entlassen werden können, wenn gleichzeitig ein Ersatz gefunden ist. Entscheidend ist auch die Senkung der Hürde zur Absetzung der Kommission. Eine 2/3-Mehrheit ist nur kaum zu erreichen, sodass die Absenkung auf die 50 % der Abgeordnetenstimmen notwendig ist. Die - realistische - Möglichkeit der Abwahl verbessert erheblich die Kontrollfunktion der Abgeordneten.
3. Ein Parlament, ein Sitz
... sich für die Verlegung aller Aktivitäten des Europäischen Parlaments an einen Ort einzusetzen, um die doppelte Parlamentsführung in Brüssel und Straßburg zu vermeiden. Diesen alleinigen Arbeitsort soll das Parlament selbst bestimmen.
Wie ist die Lage bisher?
Zurzeit sehen die EU-Verträge zwei Sitze für das Europäische Parlament vor: Brüssel und Straßburg. Initiativen der Europaabgeordneten zur Reduzierung auf einen Sitz wurden durch die Regierung der Mitgliedstaaten bisher stets zurückgewiesen. So tagen die Abgeordneten monatlich drei Wochen in Brüssel und eine Woche in Straßburg. Die finanzielle Mehrbelastung für die Unterhaltung zweier Parlamentsgebäude sowie für die Reisekosten schlägt jährlich mit ca. 200 Millionen zu Buche.
Was soll sich ändern?
Das Europäische Parlament soll seinen Sitz frei von Vorgaben der Staats- und Regierungschefs bestimmen. Somit würden nicht nur die EU-Finanzen entlastet, sondern enorm viel Zeit, die durch das Reisen zwischen Straßburg und Brüssel aufgewendet wird, eingespart.
4. Die Europäische Bürgerinitiative weiterentwickeln
Europäische Institutionen demokratischer und effektiver gestalten! … dafür einzutreten, dass die Europäische Bürgerinitiative (EBI) zu einem Instrument verbindlicher Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger an europäischen Entscheidungen weiterentwickelt wird.
Wie ist die Lage bisher?
Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) wurde durch den Vertrag von Lissabon im Jahr 2009 eingeführt. Die Absicht war, dass die Unionsbürger*innen Themen auf die politische Agenda setzen können, die sonst nicht (genügend) berücksichtigt wurden. Diese Art der Bürgerbeteiligung hat sich jedoch in der Vergangenheit als wenig effektiv herausgestellt. Die Hürden - eine Million Unterstützer*innen aus einem Viertel aller Mitgliedstaaten - sind zu hoch. Nur bereits sehr gut strukturierte und mit ausreichend finanziellen Mitteln ausgestatteten Kampagnen können dieses Quorum erreichen. Hinzu kommt, dass die EU-Kommission schließlich nach ihrem Ermessen entscheiden kann, ob sie das Thema der Bürgerinitiative weiterverfolgt und ggf. dazu einen Gesetzgebungsvorschlag ausarbeitet oder ad acta legt.
Was soll sich ändern?
Die EBI soll zu einem Instrument umgebaut werden, dass es Unionsbürger*innen tatsächlich erlaubt neben den Wahlen zum Europäischen Parlament Themen in den politischen Prozess auf EU-Ebene einzubringen. Dazu müssen die o.g. Hürden hinsichtlich der Unterstützer*innenanzahl gesenkt werden oder aber die EU selbst bzw. die Verwaltungen der Mitgliedstaaten leisten größere infrastrukturelle Unterstützung der Initiatoren. Schließlich muss das Ergebnis einen verbindlicheren Charakter haben, sodass die EU-Kommission nicht von sich aus entscheiden kann, dieses oder jenes Thema nicht weiterzuverfolgen. Keinesfalls soll das aber bedeuten, dass eine Initiative, die alle formalen Hürden nimmt, automatisch Anspruch auf vollständige Umsetzung ihrer Forderungen hat. Das soll weiterhin den dafür legitimierten Institutionen vorbehalten bleiben.
Europa braucht mehr Transparenz, jetzt!
Die EU hat ein Transparentproblem ist nur allzu oft zu hören. Das stimmt zum großen Teil, allerdings wird oft nicht genug differenziert. Beispielsweise gilt das Europäische Parlament als eines am transparentesten arbeitenden Parlaments in Europa. Gesetzesvorlagen und deren Bearbeitungsstand können sehr gut nachvollziehbar online eingesehen werden. Ebenso werden Plenar- und Ausschusssitzungen live online übertragen.
Auf der anderen Seite weiß niemand recht, wie die Sitzungen der Minister und der Staats- und Regierungschefs ablaufen. Sie haben nach wie vor die größte Macht in der EU, arbeiten jedoch nahezu vollständig unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Wenn also die EU ihren Vertrauensverlust überwinden will, muss sie daran etwas verändern.
1. Live-Streaming aller Ratssitzungen
... darauf hinzuwirken, dass alle Sitzungen des Europäischen Rats, des Ministerrats und aller anderen zwischenstaatlichen EU-Gremien (wie der Euro-Gruppe) im Internet live übertragen und die offiziellen Protokolle dieser Sitzungen veröffentlicht werden.
Wie ist die Lage bisher?
Bisher werden nur die Sitzungen des Europäischen Parlaments und seiner Ausschüsse live im Internet übertragen. Allerdings liegt nach wie vor die größte Macht bei dem Europäischen Rat, dem Ministerrat und der Euro-Gruppe. Von diesen Sitzungen gibt es kaum einsehbare Protokolle, geschweige denn LiveÜbertragungen. Die Öffentlichkeit wird durch abgestimmte Pressekonferenzen im Anschluss an deren Sitzungen und von deren Beschlüssen informiert.
Was soll sich ändern?
Es sollen künftig alle relevanten Sitzungen der EU-Organe und der zwischenstaatlichen Gremien wie der Eurogruppe, aber auch der Gouverneursrat des ESM live übertragen werden. Zumindest sollen die offiziellen Protokolle veröffentlicht werden. In diesen Gremien werden wegweisende Beschlüsse gefasst. Insbesondere in der Euro-Gruppe und im ESM-Rat werden finanzpolitische Entscheidungen verhandelt und getroffen, die sich auf die Bevölkerungen ganzer Mitgliedstaaten massiv auswirken (z.B. im Rahmen der Staatsschuldenkrise). Die Öffentlichkeit hat in einer demokratischen Gemeinschaft ein Recht zu erfahren, 1 welche Meinung von welchen Gremienmitgliedern vertreten werden, um sie ggf. hinterher politisch zur Verantwortung zu ziehen. Mit der Umsetzung dieser Forderung würde die EU ganz erheblich dem Vorwurf der Intransparenz entgegentreten.
2. Einverpflichtendes Lobbyregister
... sich für ein verpflichtendes Lobbyregister für alle EU-Institutionen und für ein Verzeichnis aller Treffen von Lobbyisten mit EU-Vertretern einzusetzen.
Wie ist die Lage bisher?
Schon heute existieren Hobbyregister für die Institutionen der EU, jedoch ermöglich die Regelungen dazu ein weitgehende Umgehung der eigentlichen Absicht der Transparenz. Brüssel hat sich zu einem gigantischen Zentrum für Interessenvertretung aller Art entwickelt. Das ist nicht per se schlecht, allerdings benötigt es klarere Regelungen, wie der Umgang zwischen EU-Vertretern und Lobbyisten zu erfolgen hat, sodass sich nicht Einzelinteressen immer mehr durchsetzen. Schon heute müssen die EU-Kommissare detailliert über Treffen mit Interessenvertretern Auskunft geben, das gilt jedoch weitestgehend nicht für EU-Abgeordnete, höhere Beamte der Institutionen und den Rat. Außerdem ist die Eintragung in das offizielle Lobbyregister der EU bisher freiwillig und hat kaum Konsequenten für den jeweiligen Lobbyisten.
Was soll sich ändern?
Die Brüsseler Politik soll transparenter werden, um nicht weiter an Vertrauen zu verlieren. Wichtig ist dabei nicht die formale Einhaltung der Regeln, sondern ein Bewusstsein für Transparenz bei allen Beteiligten zu schaffen. Es muss deutlich werden, welcher Interessenvertreter bezüglich eines Gesetzesvorhabens mit welchen Vertretern in den EU-Institutionen gesprochen hat (“Lobby-Fußabdruck”). Zudem darf es keine Treffen mit den Lobbyisten geben, die nicht im Lobbyregister eingetragen sind. Entscheidend dürfte sein, dass Verstöße gegen diese Regeln mit Sanktionen für Lobbyisten und EU-Offizielle belegt werden können, was bisher nur kaum der Fall ist.
3. Offenlegung von Verhandlungsmandaten
... sich dafür einzusetzen, dass die Mandate für die Aushandlung von Freihandels- und anderen internationalen Abkommen der EU veröffentlicht werden und in jedem Schritt der Verhandlungen volle Transparenz gewährleistet ist.
Wie ist die Lage bisher?
Der Europäische Rat bzw. der Ministerrat erteilen der EU-Kommission einen Verhandlungsauftrag zur Aushandlung eines Abkommens mit anderen Staaten oder internationalen Organisationen (Art. 207 und Art. 218 AEUV). Oft bleibt im Unklaren, was vom Verhandlungsmandat umfasst ist und welchen Freiraum die
2 Mitgliedstaaten der Kommission geben. Die Öffentlichkeit erfährt oft nur durch Zufall oder stückweise von diesen Mandaten. Gleiches gilt für die Veröffentlichung von Verhandlungszwischenergebnissen. Zu besonderen Kontroversen führt dies bei der Aushandlung von Handelsabkommen, die nahezu jeden Lebensbereich der Bürgerinn en und Bürger betreffen können. Die Debatte rund um TTIP hat gezeigt, dass erst durch massiven öffentlichen Druck, die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten bereit waren, Informationen der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.
Was soll sich ändern?
Der Europäische Rat bzw. der Ministerrat sollen umfassend die Inhalte des Verhandlungsmandats veröffentlichen. Die Bürgerinnen und Bürger können so erfahren, welche Themenbereiche überhaupt auf der Agenda stehen. Die EU-Kommission gewährleistet eine transparente Politik, bei der regelmäßige Verhandlungszwischenstände bekanntgegeben werden und die Öffentlichkeit nicht am Ende der Verhandlungen vor vollendete Tatsachen gestellt wird. Zu dieser neuen Transparenz zählt auch, dass klar wird, wann man sich zu Verhandlungen trifft und wer seitens der EU-Kommission daran teilnimmt. Es geht dabei nicht darum, die Verhandlungsstrategien und sämtliche Details zu erfahren, denn diese würde die Verhandlungsposition der EU massiv schwächen.
Wahlrecht stärkern
1. Kommissionspräsidentschaft durch Bürgerinnen und Bürger bestimmen
… sich für eine feste Verankerung der EU-weiten Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten im europäischen Wahlrecht einzusetzen. Zukünftig soll jede europäische Partei vor der Europawahl eine Kandidatin oder einen Kandidaten für die Kommissionspräsidentschaft nominieren. Dann können wir Bürgerinnen und Bürger durch unsere Stimme mitentscheiden, wer die Kommission anführt.
Kommissionspräsident? Ist der wichtig?
Die Europäische Kommission ist das Exekutivorgan der EU – das heißt, sie hat in der EU ungefähr die Rolle, die auf nationaler Ebene die Regierung einnimmt. Außerdem hat die Kommission das „Initiativmonopol“ in der europäischen Gesetzgebung, das heißt, nur sie kann neue europäische Gesetze vorschlagen.
Innerhalb der Kommission legt der Kommissionspräsident die politischen Leitlinien fest. Außerdem bestimmt er, welcher Kommissar für welches Ressort zuständig ist und kann einzelne Kommissare entlassen. Das Amt des Kommissionspräsidenten ist deshalb eines der mächtigsten überhaupt in der EU.
Wie wird der Kommissionspräsident formell ernannt?
Nach Artikel 17 EU-Vertrag wird der Kommissionspräsident vom Europäischen Rat (dem Gremium der nationalen Staats- und Regierungschefs) vorgeschlagen und dann vom Europäischen Parlament gewählt.
Dieses Verfahren ähnelt ein wenig dem Ernennungsverfahren für nationale Regierungschefs. Zum Beispiel wird der deutsche Bundeskanzler nach Artikel 63 Grundgesetz vom Bundespräsidenten vorgeschlagen und dann vom Bundestag gewählt.
Und was ist das Problem dabei?
Das Problem ist, wie der Europäische Rat mit seinem Vorschlagsrecht umgeht.
Auf nationaler Ebene spielt für die Wahl des Bundeskanzlers das Vorschlagsrecht des Bundespräsidenten in der Praxis kaum eine Rolle: Die großen Parteien stellen schon vor der Wahl Kanzlerkandidaten auf – und wenn es einem von diesen Kandidaten gelingt, nach der Wahl eine Koalition zu bilden, dann schlägt der Bundespräsident ganz selbstverständlich auch diesen Kandidaten zur Kanzlerwahl vor. Dadurch können die Bürgerinnen und Bürger bei der Wahl entscheidenden Einfluss auf die Kanzlerschaft nehmen.
In der EU haben die Parteien früher hingegen keine europaweiten Spitzenkandidaten aufgestellt. Dadurch hatte der Europäische Rat nach der Europawahl völlig freie Hand bei der Nominierung des Kommissionspräsidenten, und das Europäische Parlament nickte die Entscheidung nur noch ab. Die eigentliche Macht bei der Auswahl des Kommissionspräsidenten lag damit nicht bei den Wählerinnen und Wählern, sondern bei den Staats- und Regierungschefs.
Aber war da nicht mal was mit Martin Schulz und Jean-Claude Juncker?
Richtig. Vor der Europawahl 2014 stellten die europäischen Parteien erstmals europaweite Spitzenkandidaten auf: Die europäischen Sozialdemokraten nominierten Martin Schulz, die europäischen Christdemokraten nominierten Jean-Claude Juncker. Dadurch konnten die europäischen Wählerinnen und Wähler bei der Stimmabgabe indirekt darüber mitentscheiden, wer die Kommission anführen sollte.
Da die Christdemokraten bei der Wahl mehr Sitze gewannen, erklärten nach der Wahl alle großen Parteien im Europäischen Parlament, dass sie nur Juncker als Kommissionspräsidenten akzeptieren würden. Daraufhin schlug der Europäische Rat Juncker auch formell vor.
Dann ist doch alles gut, oder?
Leider nein: Viele nationale Regierungschefs sind unzufrieden damit, dass die Macht bei der Ernennung des Kommissionspräsidenten von ihren Händen in die des Europäischen Parlaments (und damit der europäischen Wählerinnen und Wähler) übergegangen ist.
Als das Europäische Parlament 2015 vorschlug, das „Spitzenkandidaten-Verfahren“ auch offiziell im europäischen Wahlrecht zu verankern, lehnten sehr viele nationalen Regierungen das ab. Auch die deutsche Bundesregierung weigerte sich, sich zu dem neuen Verfahren zu bekennen.
Und was kann der Bundestag da tun?
Der Bundestag kann die Bundesregierung auffordern, die vom Europäischen Parlament vorgeschlagene Verankerung des Spitzenkandidaten-Verfahrens im Europawahlrecht zu unterstützen.
Alternativ könnte die Bundesregierung auch durch eine einseitige politische Erklärung deutlich machen, dass sie das Spitzenkandidaten-Verfahren unterstützt und dass sie ihre Stimme im Europäischen Rat beim Vorschlag des nächsten Kommissionspräsidenten niemandem geben wird, der nicht auch eine zuverlässige Mehrheit im Europäischen Parlament hinter sich hat.
2. Eine europäische Zweitstimme für die Europawahl
… sich dafür einzusetzen, dass die durch den Brexit frei werdenden 73 Sitze der britischen Abgeordneten aus dem Europäischen Parlament in einer europaweiten Wahl vergeben werden. Alle wahlberechtigten Europäerinnen und Europäer sollen dabei eine gleichwertige Stimme haben. Dies soll ausdrücklich zukunftsweisend für künftige Europawahlen sein.
Was bedeutet „europäische Zweitstimme“?
Die Wahlen zum Europäischen Parlament sind bisher eigentlich 28 nationale Einzelwahlen: Jedes Land hat ein festes Kontingent an Sitzen, für das nur nationale Parteien mit nationalen Wahllisten antreten. Zum Beispiel hat Deutschland 96 Sitze, Frankreich 74 und Österreich 18.
Mit der „europäischen Zweitstimme“ gäbe es zusätzlich zu diesen nationalen Sitzen noch ein gesamteuropäisches Sitzkontingent. Dafür würden die europäischen Parteien mit gesamteuropäischen Wahllisten antreten. Die Kandidaten auf diesen gesamteuropäischen Listen wären also überall in Europa dieselben.
Jeder europäische Wähler hätte also bei der Wahl zwei Stimmen: Mit der „Erststimme“ würde man wie bisher eine der nationalen Parteien für das nationale Sitzkontingent wählen, mit der „Zweitstimme“ eine der europäischen Parteien für das gesamteuropäische Sitzkontingent.
Was sind denn europäische Parteien?
Fast alle wichtigen nationalen Parteien der EU-Mitgliedstaaten haben sich zu auf europäischer Ebene zu Dachparteien zusammengeschlossen. Zum Beispiel gibt es die christdemokratische Europäische Volkspartei (EVP), zu der unter anderem die deutsche CDU und CSU gehören. Die Sozialdemokratische Partei Europas (SPE) umfasst unter anderem die deutsche SPD. Die deutsche FDP gehört zur Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE). Die einzige deutsche Bundestagspartei, die keiner europäischen Partei angehört, ist die AfD.
Die europäischen Parteien spielen in der Europapolitik schon heute eine wichtige Rolle. Sie sind zum Beispiel die Grundlage für die Fraktionen im Europäischen Parlament und nominierten 2014 erstmals Spitzenkandidaten für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten. Da sie jeweils nationale Mitgliedsparteien aus verschiedenen Ländern, aber mit ähnlichen politischen Zielen umfassen, stehen die europäischen Parteien für unterschiedliche gesamteuropäische Visionen der EU.
Was wäre der Vorteil einer „europäischen Zweitstimme“?
Eine europäische Zweitstimme hätte verschiedene Vorteile. Vor allem würde sie deutlich machen, dass die Wahl zum Europäischen Parlament eine gesamteuropäische Richtungsentscheidung ist. Bis jetzt herrschen im Europawahlkampf meistens nationale Themen vor, Europawahlen werden wie „nationale Sekundärwahlen“ behandelt. Durch die europäische Zweitstimme würden die europäischen Parteien mehr Sichtbarkeit bekommen – und damit auch die unterschiedlichen gesamteuropäischen Politikziele, für die sie stehen.
Warum gerade 73 Sitze? Und was hat der Brexit damit zu tun?
Über die Idee einer europäischen Zweitstimme wird schon länger diskutiert. Sie wurde bis jetzt aber niemals umgesetzt, weil nicht klar war, wo die zusätzlichen Sitze für das gesamteuropäische Sitzkontingent eigentlich herkommen sollten: Sollte man das Parlament vergrößern? Oder die bestehenden nationalen Sitzkontingente verkleinern? Beide Vorschläge stoßen auf politischen Widerstand und wären nur mit einer aufwendigen Änderung der EU-Verträge möglich.
Durch den britischen EU-Austritt werden nun aber (voraussichtlich schon ab der nächsten Europawahl 2019) ohnehin jene 73 Sitze im Europäischen Parlament frei, die bisher von den britischen Abgeordneten eingenommen wurden. Die Gelegenheit, eine europäische Zweitstimme einzuführen, ist deshalb so gut wie noch nie zuvor.
73 Sitze sind außerdem knapp ein Zehntel der Gesamtsitzzahl des Parlaments (insgesamt 751). Das erscheint eine sinnvolle Größe, damit die europäische Zweitstimme für die Zusammensetzung des Parlaments auch wirklich relevant wird.
Ist die „europäische Zweitstimme“ dasselbe wie „transnationale Listen“?
Ja. Der Vorschlag der „europäischen Zweitstimme“ ist in der politischen Debatte manchmal auch unter anderen Namen bekannt. Oft ist zum Beispiel von „transnationalen Listen“ die Rede oder auch von einem „gesamteuropäischen Wahlkreis“.
3. Jede Stimme soll gleich viel zählen
… langfristig darauf hinzuwirken, das Prinzip der Stimmgleichheit für die Europawahlen vollständig durchzusetzen.
Wieso zählen die Stimmen bei der Europawahl heute nicht gleich viel?
Bei der Europawahl hat bis jetzt jeder Mitgliedstaat ein festes Sitzkontingent: Wer in Deutschland zur Wahl geht, kann nur die deutschen Parteien wählen, wer in Frankreich zu Wahl geht, nur die französischen Parteien und so weiter. Innerhalb jedes einzelnen Landes werden dabei alle Stimmen gleich gewichtet.
Europaweit kommt es durch die nationalen Sitzkontingente allerdings zu Verzerrungen. Dies führt dazu, dass in manchen Staaten viel mehr Stimmen notwendig sind, um einen Sitz im Europäischen Parlament zu gewinnen als in anderen. Die Hauptgründe für diese Verzerrungen sind die „degressive Proportionalität“ der Sitzkontingente und die unterschiedliche Wahlbeteiligung in den Mitgliedstaaten.
Was bedeutet „degressive Proportionalität“?
Das Prinzip der degressiven Proportionalität besagt, dass große Mitgliedstaaten zwar mehr Sitze haben als kleine – kleine Mitgliedstaaten haben aber mehr Sitze pro Einwohner als große. Die beiden Extreme sind dabei Deutschland mit 96 Sitzen auf ca. 82 Millionen Einwohner und Malta mit sechs Sitzen auf 0,4 Millionen Einwohner.
Diese Regelung ist wegen der großen Bevölkerungsunterschieden zwischen den EU-Mitgliedstaaten entstanden. Würden die Sitzkontingente direkt die Größen der Staaten widerspiegeln, hätten die kleinsten Länder höchstens noch einen einzigen Sitz – wodurch die Europawahl dort keine echte Bedeutung mehr hätte. Oder das Parlament würde auf tausende Abgeordnete anwachsen und wäre dann kaum noch arbeitsfähig.
Gleichzeitig führt die degressive Proportionalität aber dazu, dass es in kleinen Ländern einfacher ist, einen Sitz im Europäischen Parlament zu gewinnen als in großen.
Welche Rolle spielt die Wahlbeteiligung?
Die Wahlbeteiligung bei der Europawahl ist in manchen EU-Ländern viel größer als in anderen. Zum Beispiel gingen 2014 in Belgien rund 90 Prozent der Wahlberechtigten zur Wahl, in der Slowakei nur 13 Prozent. Gleichzeitig sind die nationalen Sitzkontingente jedoch fest und werden nicht an die Zahl der tatsächlich in einem Mitgliedstaat abgegebenen Stimmen angepasst. In Ländern mit niedriger Wahlbeteiligung sind deshalb weniger Stimmen notwendig, um einen Sitz im Europäischen Parlament zu gewinnen.
Welches Ausmaß hatten die Verzerrungen bei der letzten Europawahl genau?
Die beiden Extreme bildeten bei der Europawahl 2014 Italien (ein großes Land mit recht hoher Wahlbeteiligung) und die Slowakei (ein mittelgroßes Land mit sehr niedriger Wahlbeteiligung). Während in Italien mehr als 350.000 Stimmen nötig waren, um einen Sitz im Europäischen Parlament zu gewinnen, waren es in der Slowakei nur knapp 34.000 – weniger als ein Zehntel. Deutschland lag mit rund 300.000 Stimmen pro Sitz hinter Italien auf dem zweiten Platz.
4 Diese Verzerrungen wirkten sich auch auf die Stärke der Fraktionen im Europäischen Parlament aus. So gewannen die europäischen Sozialdemokraten bei der Europawahl 2014 europaweit knapp die meisten Stimmen von allen Parteien. Da die Sozialdemokraten jedoch besonders viele Stimmen in Italien erreichten, stellen sie im Europäischen Parlament nur die zweitstärkste Fraktion hinter den Christdemokraten.
Was sagt das Bundesverfassungsgericht dazu?
Die fehlende Stimmgleichheit bei der Europawahl spielte auch eine Rolle im Lissabon-Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts 2009. Die Richter kritisierten darin, dass das Europäische Parlament nicht „durch gleiche Wahl aller Unionsbürger“ zustande komme. Wenn das Europäische Parlament im Mittelpunkt einer gesamteuropäischen repräsentativen Demokratie stehen soll, ist deshalb auch aus Sicht des Verfassungsgerichts eine größere Stimmgleichheit bei der Europawahl notwendig.
Wie lässt sich das Problem lösen?
Eine Möglichkeit, europaweit Stimmgleichheit zu schaffen, ist die „europäische Zweitstimme“. So könnte man das gesamteuropäische Sitzkontingent dazu nutzen, um die Verzerrungen auszugleichen, die durch die unterschiedlichen nationalen Sitzkontingente entstehen. Am Ende wären dann alle Fraktionen im Europäischen Parlament genau so stark, wie das ihrem Anteil an europäischen Zweitstimmen entspricht.
Daneben sind aber auch noch andere Lösungsmöglichkeiten denkbar. Zum Beispiel könnte die Europawahl künftig nicht mehr über nationale Sitzkontingente erfolgen, sondern in neuen, ungefähr gleich großen regionalen Wahlkreisen stattfinden.
Aber ginge so eine Reform nicht zu Lasten der kleinen Länder?
Tatsächlich begünstigt die degressive Proportionalität die kleineren Mitgliedstaaten. Vorschläge zu mehr Stimmgleichheit bei der Europawahl stoßen dort deshalb oft auf Widerstand.
Allerdings soll das Europäische Parlament ohnehin nicht dazu dienen, nationale Interessen zu repräsentieren. Dafür ist vielmehr der EU-Ministerrat da, in dem die kleinen Länder natürlich weiterhin wie bisher vertreten wären.